Meine ersten musikalischen Gehversuche resultierten aus der Zeit bei den Pfadfindern der evangelischen Gemeindejugend mit Hans Dieter Hufnagel und dem Pfadfinderführer "Peppi" Kraus aus der Fischergasse. Gespielt wurden Wanderlieder aus der "Mundorgel", wie "Wenn wir erklimmen" oder "Wer hat die Kokosnuss geklaut?". 

Vom Pfadfinder zum Beatmusiker

Ich weiß noch genau, wie zum ersten Mal am Mittwoch Abend in der Sendung "Sie wünschen - wir spielen" mit Fred Rauch bei den Hitparadenneuzugängen ein noch niemals gehörter Sound mit dem Lied von den "Beatles" "I Want to Hold Your Hand" erklang. Es hob sich total von der damaligen Schlager- und Unterhaltungsmusik ab, ich war so was von begeistert, ich kroch buchstäblich in das Katzenauge unseres Löwe-Opta Radios, das im Wohnzimmer stand. Ich war hin und weg! Das Lied war das Schlüsselerlebnis. Das war es, was ich auch machen musste und wollte!

Nachdem in unserer Schule auch andere Schüler täglich von Band und Musik sprachen, wurde es auch Thema in unserer Gruppenstunde. Meine Freunde Pip (Hans Dieter Hufnagel), Pre (Karlheinz Hückmann) und ich beschlossen 1964, eine Band zu gründen. Die „Falcons“ waren geboren.

Aller Anfang ist schwer.

Das Musikequipment bestand anfangs aus 2 alten Radios, an denen kleine Mikrofone beim TA-Ausgang mit Bananensteckern angeschlossen wurden. Die Mikros wurden im Korpus der Wandergitarren aufgehängt und das Kabel am Klangkörper festgeklebt. Bei ungünstiger Haltung fingen die Gitarren - gewollt oder ungewollt - zu pfeifen oder zu dröhnen an.

Ich sollte Schlagzeug spielen, aber wie und womit? Am Anfang waren ein Plastikbadewännchen als Basstrommel, umgedrehte Töpfe und Plastikeimer im Einsatz. Sie wurden mit schaumstoffumwickelten Kochlöffeln geschlagen, dazu kam noch ein Abdeckblech als Crashbecken.

Erste Proben und kleine „Auftritte" im Weinkeller vom Großvater am Bernbeckplatz folgten mit Instrumentalsongs wie "Wipe Out" von den "Surfaris" oder "The Rise and Fall of Flingle Bunt" von den "Shadows" und wurden für die zahlreichen Kinder aus der Thomas-Ehernann-Straße und der Inneren Sulzfelder Straße dargeboten.

Einen Entwicklungssprung machte die Band durch den Neuzugang Arnold Frey, dem Nachbarn vom Pre in der Talstraße. Er besaß schon echte Bongotrommeln und war alsbald, als wir in seinem Elternhaus einen Kellerraum als neuen Übungsraum in Beschlag nahmen, stolzer Besitzer eines kompletten Schlagzeugs mit einer sogenannten "Charlstonmaschine", wie die Hi-Hat-Becken früher hießen, 2 Hängetoms, einem Standtom und einer Snare-Drum, die natürlich mit echten Schlagzeugstöcken bearbeitet wurden.

Vom "Schlagzeuger" zum Bassisten

Was war jetzt mit mir? Meine Karriere als Drummer war schnell wieder beendet. "Du spielst ab jetzt Bass!", hieß es. Und so geschah es. Zu Anfang griff ich nur die Grundtöne zu den Akkorden, die Pre spielte. Ich konnte mich gut an seinem querliegenden 'Zeigefinger bei den Barreegriffen orientieren. Spielte er den A-Dur-Akkord spielte ich den Ton A am 5. Bund. Dazu kamen bald bestimmte Läufe und Riffs, wie der von "Money", "Peter Gun" oder "Satisfaction" von den "Rolling Stones", dem einfachsten und bekanntesten Riff in Form von 3 Tönen, wobei der Bass was ganz anderes spielen muss.

Nach dem Einüben von weiteren, jetzt auch schwierigeren Instrumentals von den "Shadows", "Spotnicks" oder "Ventures" kam der Wunsch auf, jetzt auch Lieder mit Gesang zu machen. Es waren schon einige Versuche in Gang, aber die Stimmen waren im Gegensatz zum Schlagzeug und den "elektrischen" Gitarren zu leise. Pre plärrte sich manchmal die Stimme aus dem Leib, aber gegen den Lärm der Instrumente kam er nicht an.

Bei den meist am Samstag Nachmittag stattfindenden Proben waren immer häufiger Zuhörer anwesend und öfter wurden dann für abends Parties mit Mädchen organisiert. Das Licht ging oft aus, Partyspielchen wie der Tanz mit den Orangen, die mit der Stirn gehalten werden mussten, und der Kusswalzer waren beide sehr beliebt. Vorher gab es immer ein "Konzert".

Das Equipment wird aufgestockt.

Da war auch mal der Hüllers Edi dabei und dank seiner Großzügigkeit sponserte er uns eines Tages einen Gesanqsverstärker mit eingebautem Lautsprecher, einen Dynacord DS20, den er vom „Feri“, einem leider auch schon verstorbenen Jugoslawen, der über dem Marktcafe wohnte, erstanden und uns zur Verfügung gestellt hatte. Die 3 Eingänge reichten anfangs für 2 Gesangsmikrofone und die Sologitarre. Wir konnten jetzt hörbar singen, einstimmig, zum Teil zweistimmig, Songs von den Beatles wie "Please, please me" oder "Boys".

Ein weiterer Sprung nach vorn war die Beschaffung von 2 elektrischen Klira-Gitarren vom damaligen Musikhandelsverlag Lindberg in München. Immer wieder schaute ich den Katalog an und träumte von einem richtigen Bass. Durch Zufall erfuhr ich vom Böhms Herbert, der bei den Flaming Stars Bassist war, dass jemand in Kitzingen eine Bassgitarre verkaufen wollte. So kam ich an einem Sonntag früh nach der Kirche zu meiner ersten Bassgitarre: Eine Höfner mit 3 Tonabnehmern in Gold und Rot.

Spontan wurde eine Probe angesetzt und das neue Spielgefühl mit den wesentlich dickeren Saiten einer Bassgitarre getestet. Es war ein irres Gefühl, die tiefen Töne verliehen unseren Liedern jetzt den vollen Sound.

Erste Auftritte

Zusammen mit den "Shakers", die zu der Zeit noch zu viert waren, und den "Rats" um den Ausnahmegitarristen WolfgangTeschner, der schon damals eine Fender-Stratocaster hatte, und über einen Fender-Bandmaster-Verstärker spielen konnte, traten die "Falcons" im April 1965 zum ersten Mal öffentlich auf und brachten zusammen mit den anderen das zahlreich erschienene Publikum zum Rasen.

Wir spielten zuerst "Apache" von den "Shadows", "Shaking all over" von "Johnny Kid and the Pirates" und dann "Long Tall Sally" von den "Beatles". Vergeblich wurden Zugaben gefordert und die Veranstalter vom Kreisjugendring stellten den Strom ab, weil sie Randale befürchteten. Die Veranstaltung, die mit Sketchen, Volkstanz und Volksmusik und anderen Darbietungen harmlos begonnen hatte, drohte auszuarten und deshalb fanden die Auftritte der 3 Bands ein eher kritisches Echo in der Presse.

Mit der Zeit folgten weitere Auftritte u.a. im alten Dekanatszentrum in Kitzingen, im Studentenhaus beim Würzburger Käppelle und in der Tanzschule Hartung in Würzburg.

Musikalische Weiterbildung

Unser musikalisches Weiterkommen verdankten wir den meist ausländischen Bands, die zu damaligen Zeiten täglich live in der Hill-Billy-Bar, der Havanna-Bar und der La Paloma-Bar auftraten und für uns die Musikschule durch Abhören und Abschauen ersetzten. Oft hinter dem dicken Schallschutzvorhang sich verbergend, schauten wir den vorwiegend englischen und holländischen Bands wie gebannt auf die Finger. Wir bewunderten ihre Verstärkeranlagen und träumten insgeheim auch von einer Musikerkarriere, bis wir von den "Rausschmeißern" oder Besitzern der Bars, dem Carlo in der Hilly oder dem Samy in der Havanna, aus unseren Träumen gerissen und zum Gehen aufgefordert wurden.

Die Beschäftigung mit Musik und der Stand der schulischen Leistungen standen in einem krassen Missverhältnis. Beatmusik war auch bei den alten Lehrern der damaligen Oberrealschule (heutiges AKG) verpönt. Großen Ärger mit den Eltern gab es, als meine schulischen Leistungen stark abgesunken waren und mein Vater die Schuld der Beatmusik und meinen etwas längeren Haaren gab, und aus Wut darüber meine Wandergitarre vollkommen zertrümmerte.

Das vorläufige Ende

Mit der bedauerlichen Entscheidung von Karlheinz Hückmann, sich einer anderen Band anzuschließen, den "Rattle Four", die schon weiter in ihrer musikalischen Entwicklung waren, kam es nach dem vergeblichen Versuch, einen adäquaten Sänger und Gitarristen zu finden, zur Auflösung der "Falcons". Arnold kam bei der "Leaning Tower Group" als Drummer unter und ich landete erst mal bei den "Trappers".

 

Abgedruckt in "Wild Times - Kitzingen 1945-1975"